Im September 2015 wurden von der UN-Vollversammlung siebzehn Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals/SDG) beziehungsweise die Agenda 2030 verabschiedet. Die Vollversammlung hat damit klar gemacht, dass sich alle Gesellschaften dieser Erde verändern müssen, um die Zukunft des Planeten und der Menschheit zu sichern. Das heißt: Auch Deutschland muss alle Formen der Armut beenden. Auch Deutschland muss erst noch den inklusiven und gerechten Zugang zu Bildung und ein lebenslanges Lernen für alle ermöglichen. Auch Deutschland muss die Ungleichheit in der Gesellschaft verringern. Auch hier müssen nachhaltige und faire Konsum- und Produktionsweisen sichergestellt werden.
In der fairquer # 37 wurde auf den Seiten 32 f. im Artikel "Fluchtursachen - Was haben sie mit unserem wirtschaftlichen und politischen System zu tun?" nachgewiesen: "Somit sind für einen Großteil der Flüchtlinge das kapitalistische System und das in diesem Sinne handelnde westliche politische System entweder hauptverantwortlich oder sie haben zumindest einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet." Daraus folgt schnell die Frage nach einer Alternative, also: Wie können Fluchtursachen bekämpft werden?
Die Verantwortlichen für die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer mit mehreren hundert Toten, waren schnell ausgemacht. Das Böse hat seit dem einen Namen: Schlepper, die aus Geldgier Flüchtlinge in den Tod treiben. Ob die Schlepper das genauso sehen wie wir? Sabine Schiffer wagt einen Perspektivwechsel.
Es ist ja wirklich nett, dass wir Flugblätter in unserer Sprache erhalten. Sonst hätte ich gar nicht mitbekommen, dass ich in Europa gesucht und bedroht werde. Bedroht von Verhaftung und Verurteilung. Gibt es in Europa die Todesstrafe? Nun ja, der Tod droht mir auch hier. Wenn ich nicht als Schlepper arbeite, als was dann?
Fischerei geht nicht mehr, die Meere sind leergefischt. Es reicht nicht mehr, um die Familie zu ernähren. Und die Piraterie ist ja auch nicht gerade ein angesehener Beruf und ungefährlich auch nicht. Und Seefahrt ist in unserer Familie Tradition. Freilich könnte ich auch umschulen. Aber wohin? In die Landwirtschaft, die auch keine Familie mehr ernährt, weil die EU-Billigware und Lebensmittelhilfen unsere Märkte zerstören? Blumen wären schön, aber die nimmt uns die EU auch nicht ab. Entlang der Einfuhrverbote bleiben nicht wirklich viele Möglichkeiten, für die es nicht schon viel zu viele gut ausgebildete Leute gäbe, die auch jetzt schon keinen Job bekommen, weil man sie ja dann auch bezahlten müsste.
Unser kapitalistisches System, insbesondere die westlichen Industrieländer als größte Pro-Kopf-Verbraucher, benötigt viele, möglichst billige Rohstoffe (z.B. Bodenschätze, Holz, Agrarprodukte oder Fisch). Diese werden auch aus den Ländern des globalen Südens, also der Zwei-Drittel-Welt, importiert. Das führt dort nicht selten zu Wasserverschmutzung, Landraub und weiterer Zerstörung der Lebensgrundlagen der einheimischen Bevölkerung. Wenn die Regierungen jener Länder diese Rohstoffe möglichst teuer verkaufen oder im Lande behalten und selbst verarbeiten wollen, werden sie häufig gewaltsam gestürzt. Das betraf in jüngster Zeit z.B. Libyen, und vorher z.B. den Iran 1953, Guatemala 1954, Kongo-Zaire - Patrice Lumumba, Indonesien 1965, Putsch gegen Allende am 11.9.1973. Die USA wollte Vietnam in die Steinzeit zurückbomben und weiteten dies dann auch auf ganz Indochina aus.Teilweise ist die Folge auch nicht die Installierung dem Westen genehmer Regierungen, sondern die Instabilität des Landes (z.B. Somalia, Afghanistan, Irak, Südsudan, Syrien, wieder Libyen).