Die südostasiatischen Inseln Borneo und Sumatra beherbergen nicht nur die artenreichsten Regenwälder der Erde. Zu ihren Bewohnern gehört auch der einzige asiatische Menschenaffe, der Orang-Utan.
Orang-Utan bedeutet „Waldmensch“ und in der indonesischen Überlieferung heißt es, dass die Waldmenschen eigentlich sprechen können, dies aber nicht tun, damit sie nicht arbeiten müssen.
Heute wissen, wir, dass dem nicht so ist. Orang-Utans brauchen wie so viele Tier- und Pflanzenarten menschliche Fürsprecher. Ansonsten sind sie verloren, denn ihr Lebensraum wird zerstört. Der Hauptgrund dafür sind derzeit riesige Palmölmonokulturen.
Orang-Utans (Pongo pygmaeus) zählen mit den Schimpansen, Bonobos und Gorillas zu den Menschenaffen und damit zu unseren nächsten Verwandten. Ihr Erbgut ist zu rund 97% mit dem unseren identisch. Die intelligenten und faszinierenden Tiere werden auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten geführt.
Pro Stunde (!) wird weltweit Regenwald einer Fläche von 300 Fußballfeldern allein für Palmöl vernichtet1. Davon sind nicht nur die pflanzlichen und tierischen Bewohner des Regenwaldes betroffen. Menschen werden brutal von ihrem Land vertrieben. Arbeiter*innen und Kinder müssen unter teils sklavereiähnlichen Bedingungen auf den Plantagen schuften. Im Jahr 2016 veröffentlichte Amnesty International eine Studie, die Ausbeutung auf indonesischen (teils als „nachhaltig“ zertifizierten) Palmölplantagen anprangert2. Ein sehr empfehlenswertes Video zu dieser Studie („Fruits of Their Labour“) ist über YouTube zugänglich.
Das mag alles sehr weit weg erscheinen. Doch auch uns, die wir „am anderen Ende der Welt“ leben, betrifft die Regenwaldabholzung. Denn aus den freigelegten Torfböden entweichen gigantische Mengen Kohlenstoff in die Atmosphäre und befeuern den Klimawandel. Hinzu kommen Brandrodungen, die jedes Jahr weite Teile Südostasiens über Wochen in giftigen Rauch hüllen.
Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, enthält Palmöl obendrein im Vergleich zu anderen Pflanzenölen den höchsten Anteil an potentiell krebserregenden und erbgutschädigenden Substanzen3
Die Ölpalme (Elaeis guineensis) stammt ursprünglich aus Westafrika, breitet sich jedoch als Monokultur derzeit weltweit im tropischen Gürtel aus. Die Einzelfrüchte sind pflaumengroß. Bis zu 1.500 Früchte wachsen an einem Fruchtbündel (20-50 kg).
Die Ölpalme ist die ertragreichste Ölpflanze der Welt. Der Flächenertrag liegt beim 4,5-Fachen von Raps und sogar dem 8-Fachen von Soja4. Dies und Niedriglöhne machen Palmöl zum billigsten Pflanzenöl weltweit. Und deshalb ist es in 50% der von uns konsumierten Supermarktprodukte enthalten (z.B. in Lebensmitteln, Kerzen, Kosmetika und Waschmitteln). Auch im sogenannten Biodiesel und in Blockheizkraftwerken findet der „nachwachsende Rohstoff“ Verwendung, leider ohne den Treibhausgasausstoß zu berücksichtigen, der durch die Regenwaldabholzung verursacht wird.
Natürlich kümmert sich unser Verein – wie es der Name schon sagt – in erster Linie um die Orang-Utans in Not. Doch wir tun dies mit einem ganzheitlichen Ansatz. Neben der Ko-Finanzierung von Auffang- und Auswilderungsstationen beinhaltet dieser Ansatz auch die Aufforstung geschädigten Regenwaldes. Und gemeinsam mit der indonesischen Organisation Yayorin bieten wir auf Borneo Umweltbildung für Kinder und Schulungen zu alternativen Anbaumethoden für Erwachsene an, um den dortigen Regenwald langfristig zu schützen.
Im Raum Leipzig veranstalten wir regelmäßig Projekttage und -wochen zu den Themen Menschenaffen, Regenwald und Palmöl an Schulen und Kindergärten.
Denn letztendlich entscheidet unser Konsum, wieviel Palmöl nach Deutschland importiert wird. Weiterhin gehört unser Verein zu den Gründern und Trägern des Aktionsbündnisses Regenwald statt Palmöl (www.regenwald-statt-palmoel.de). Das Bündnis vereint derzeit rund 20 Organisationen, die sich für Naturschutz und Menschenrechte einsetzen. Hier suchen wir weitere Verbündete, um die Thematik noch bekannter zu machen und um eine Kampagne für die Reduzierung von Palmöl im deutschsprachigen Raum zu starten.
Im Juli diesen Jahres reiste ich nach Borneo, um unsere dortigen Projekte zu besuchen und Spendengelder zu übergeben. Begleitet wurde ich von einem Kamerateam, das für einen Film zur Verleihung der „Goldenen Bild der Frau“ drehte. Der Preis wird jedes Jahr an fünf ehrenamtlich engagierte Frauen vergeben und ist mit einer Spende von jeweils 10.000 Euro dotiert. Man bewirbt sich nicht für diese Auszeichnung und so kam die Benachrichtigung im Frühjahr für uns ganz überraschend. Bis zur Verleihung im Oktober sind einige Termine zu absolvieren, darunter auch ein „Photo shooting“ mit Starfotografin Gabo in Hamburg, bei dem sich die Preisträgerinnen zum ersten Mal trafen. Ein Ausflug in eine andere Welt, ungewohnt aber interessant zum Reinschnuppern.
Unserem Verein hat der Preis mehr Sichtbarkeit beschert, sowohl in den sozialen Medien als auch in den Printmedien und im Fernsehen. Damit konnten wir mehr Menschen für das wichtige Thema Palmöl sensibilisieren und für die Verknüpfungen, die zwischen unserem Konsumverhalten und der Regenwaldabholzung im globalen Süden sowie dem Klimawandel bestehen. Natürlich gab es bei den einzelnen Redaktionen Präferenzen für bestimmte Themenschwerpunkte. Wir hatten aber nie den Eindruck, dass unangenehme Fakten ausgeblendet werden sollten. Mir ganz persönlich hat es gutgetan, mich mit den anderen Preisträgerinnen auszutauschen. Auch wenn wir uns in ganz verschiedenen Bereichen engagieren, ist uns doch eines gemeinsam: Wir wissen, dass man diese Welt besser machen kann. Und dass Aufgeben für uns keine Option ist.
Die Orang-Utans stehen nicht nur für die unzähligen Tier- und Pflanzenarten, die der Regenwaldrodung zum Opfer fallen. Sie stehen auch für die Menschen, die von ihrem Land vertrieben werden oder unter teils menschenunwürdigen Bedingungen auf Plantagen arbeiten müssen. Und die Orang-Utans stehen letztendlich für uns alle, denn die Regenwaldrodung befeuert den Klimawandel. Wenn wir es also schaffen, die tropischen Regenwälder zu schützen, dann retten wir nicht alleine die Orang-Utans, dann retten wir auch uns selbst.
Jeder kann etwas dafür tun, sei es durch bewussten Konsum, die Teilnahme an Petitionen, das Kontaktieren von Herstellern und Händlern oder durch Engagement in bestehenden Vereinen. Und gemeinsam können wir etwas bewegen.
1Langbein, Kurt (2015) Landraub: Die globale Jagd nach Ackerland. Ecowin-Verlage
2 Amnesty International (2016) The great palm oil scandal. Labour abuses behind big brand names. Amnesty International.https://www.amnesty.org/en/documents/asa21/5184/2016/en
3European Food Safety Authority (2016) Prozesskontaminanten in Pflanzenölen und Lebensmitteln. EFSA-Nachrichten 3. Mai 2016. http://www.efsa.europa.eu/de/press/news/160503aandere
4WWF Deutschland (2016) Auf der Ölspur ─ Berechnungen zu einer palmölfreieren Welt. WWF Deutschland. https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Studie_Auf_der_OElspur.pdf
Deutscher Pl. 6, 04103 Leipzig
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