Spiegelungen vom Weltladentreffen Ost vom 17.-19.04. auf Gut Frohberg
Seit 25 Jahren treffen sich die Weltläden Jahr für Jahr, um gemeinsam zu lernen, sich auszutauschen, voneinander Neues zu lernen, gemeinsam an einem Thema zu arbeiten und sich zu unterstützen.
Im 25. Jahr sollte genauer auf die Arbeit geblickt werden. Nicht nur auf das, was sie selbst sehen, sondern, wenn möglich, den Blick auch umkehren, sich von außen betrachten, von mehreren Seiten, unter verschiedenen Aspekten.
“Spiegelungen mit Ausblick“ hieß das 25. Wochenende in der Geschichte der Weltladenbewegung Ost.
Manchmal hilft ein Spiegel sehr, sich zu orientieren, sich selbst zu betrachten und gleichzeitig Visionen zu entwickeln. [Aus dem Vorwort der Vorbereitungsgruppe im Einladungsfyler]
Ein solcher Spiegel war der Workshop „Fremd- und Selbstwahrnehmung – Spiegelungen von Weltläden“, an dem ich teilgenommen habe. Es war meine erste richtige und eine sehr intensive Begegnung mit der Weltladenszene.
Weltläden sind schon eine eigene Galaxie. An ihren Rändern tummeln sich auf der einen Seite die professionalisierten Läden mit fest angestellten Mitarbeitern, bester Innenstadtlage und abwechslungsreichem Bildungsprogramm; und auf der anderen Seite die schwer auffindbaren, ehrenamtlich betriebenen, die mit der Besetzung der Ladenzeiten derart ausgelastet sind, dass der Anspruch an Bildungsarbeit zu kurz kommt. Die Spezies Weltladenmitarbeiter*in ist überzeugt, mit dem Fairen Handel eine gute Sache zu tun und die Bildungsarbeit soll diese Idee verbreiten. Die Ambivalenz der Art liegt zwischen Weltladen als Selbstverwirklichungsprojekt und dem Überlebensanspruch durch Produktverkauf.
Doch die Galaxie Weltladen sieht sich in Gefahr. Es droht nicht nur die Kommerzialisierung des Fairen Handels und das konkurrierende Angebot von Fairem Kaffee und Co in Supermärkten und Bioläden. Die Krise steckt auch in der geringen Wahrnehmung der Weltläden, in der Überalterung der Mitarbeiter und manch böse Stimme behauptet: auch im mangelhaften betriebswirtschaftlichen Denken!
Den Weltläden stellen sich zunehmend die Fragen: wie können sie das Verschwinden im Schwarzen Loch verhindern? Saugt das Siegel das Konzept Weltladen aus? Wie können wir die Art erhalten? Und: wie fair ist der Faire Handel, wenn sich die Weltladen-Mitarbeiter selbst ausbeuten?
Aber die Weltläden geben nicht kampflos auf, sie warten mit mehreren Strategien auf, um dem Aussterben ihrer Art zu begegnen. Die Maßnahmen sind nicht widerspruchslos, doch mögliche Wege. Auf Gut Frohberg kamen folgende Vorschläge:
Weltläden können Weltgeschichten erzählen
Und sich dadurch die Fachstelle für den Fairen Handel nicht von Supermärkten abspenstig machen lassen. Damit ginge dann auch eine Spezialisierung auf bestimmte Qualitäts-Produkte einher.
sich als Tante-Emma-Läden und/oder Café etablieren, in Kombination mit Bio- und regionalen Produkten und auch so den Trend von fair zu nachhaltig begleiten
den Schritt zur Professionalisierung wagen – Strukturanpassungen wie beim Einzelhandel vollziehen (Bezahlte Mitarbeiter z. B.), einen online-Shop einrichten (wobei die Art hier gleichzeitig die größte Selbstsprengkraft entwickelt)
sich zu einer Genossenschaft weiterentwickeln – Vorreiter gibt es schon in Freiberg
eine Weltladentauschbörse von Ladenhütern
eine Marke (oder auch neudeutsch: Corporate Identitiy) Weltladen entwickeln
Einen Slogan gibt es ja schon: „anders als andere“ vom Weltladen-Dachverband. Doch mit Erstaunen stelle ich fest: von den 800 Weltläden in Deutschland, ist nur die Hälfte Mitglied bei eben diesem und schon kaum eins aus Ostdeutschland. Die Gründe seien dahingestellt. Doch damit fehlt der Weltladenszene Ost ein entscheidendes Moment im Kampf gegen den Untergang der Galaxie: kontinuierliche (regionale) Vernetzung mit gemeinsamen Kampagnen oder Aktionen. Eine erste könnte auf die Nachwuchsförderung abzielen. Denn auch ich habe den Weltladen nie als einen Hort für ehrenamtliches Engagement wahrgenommen. Sie stehen zunächst wie ein Laden zwischen allen anderen Geschäften. Den Unterschied kennt man nicht aus dem Schulunterricht.
Die Quintessenz aus dem Workshop zur „Selbst- und Fremdwahrnehmung“: Nach 25 Jahren fehlt es der Weltladenbewegung Ost derzeit an einem Selbstverständnis, mit dem man weitermachen, an Selbstbewusstsein, mit dem man auftreten und an einer gemeinsamen Richtung, in die man gehen kann. Das ist nicht das vernichtende Urteil einer unvollständigen Fremdwahrnehmung der Autorin, sondern der Ansatz für ein gemeinsames Nachdenken. Der Workshop allein war zu kurz, um die nächsten Schritte zu diskutieren. Denn bei allen Schwierigkeiten, die die Weltläden haben, so können sie sich eines sicher sein: der Liebe ihrer Mitarbeiter.
Denn sie singen..
Weltladen, du machst mich so froh.
Weltladen, ich liebe dich so!
Weltladen, hier bin ich zuhaus.
Weltladen, hier geh nicht mehr raus!
(gedichtet von den Hallenser Weltladen-Leuten zum 25. Weltladentreffen Ost)
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