Ein Fleckchen Land am anderen Ende des Atlantiks, ein Land voll von Karneval, umgeben von zwei Meeren und eingebettet in unberührte Tropenwälder. In Kolumbien scheint jeder Sonnenaufgang die ganz eigene Geschichte dieses Landes zu erzählen – eine Geschichte, die dieser Tage eine neue Richtung nimmt.
Seit Jahrzehnten träumen die Menschen in Kolumbien von einem Leben in Frieden und nun steht das Land kurz davor, diesem Ziel einen großen Schritt näher zu kommen: Vor fünf Jahren begannen die Verhandlungen zwischen der Regierung und den FARC, um endlich den nun schon 50 Jahre andauernden Krieg zu beenden. Die Fuerza ArmadaRevolucionaria Colombiana (Bewaffnete revolutionäre kolumbianische Kraft) ist eine der größten Guerrillagruppen in Kolumbien. Sich auf ein Abkommen zu einigen ist keine leichte Aufgabe. Es erfordert Anstrengung und Kompromissbereitschaft beider Seiten, um Frieden zu schließen, Zu Beginn der Verhandlungen wurden fünf Punkte beschlossen, zu denen man sich im Friedensprozess einigen möchte.
Am umstrittensten war die Frage nach dem politischen Mitspracherecht der FARC. Sie forderten, ihr Recht auf Oppositionsbildung ausüben zu können, ohne befürchten zu müssen, politisch verfolgt zu werden. Stattdessen wollen sie ihre Interessen auf legale Weise in einer eigenen Partei vertreten. Am ersten September 2017 verkündeten sie deren Gründung. Sie trägt ebenso den Namen FARC – das Kürzel steht nun für Fuerza Alternativa Revolucionaria Colombiana (Alternative revolutionäre kolumbianische Kraft) ) Noch ist nicht bekannt , wer bei den nächsten Wahlen für die Präsidentschaft kandidieren wird. Gegen die bisherigen FARC-Anführer*innen laufen Prozesse und es gibt bislang keine gerichtlichen Urteile.
Ein weiterer Aspekt, der unter der kolumbianischen Bevölkerung Kontroversen ausgelöst hat, ist die umfassende Reform der ländlichen Gebiete. Sie sieht vor, neue Grundlagen für einen strukturellen Wandel in diesen Regionen zu schaffen - mit starker Präsenz der Regierung. Diese soll garantieren, dass sich der Konflikt nicht wiederholt. Meiner Meinung nach ist dies eins der wichtigsten Themen des Abkommens. Schließlich begann die Auseinandersetzung mit der Frage, wer den Boden besitzt und sollte mit dessen Abgabe enden. Dafür hat die Regierung Land bereitgestellt, welches sie kostenlos an die Bauern verteilt.
Außerdem geht es in der Vereinbarung um den bevorstehenden Waffenstillstand, um die Beilegung beidseitiger Feindseligkeiten und die Abrüstung der FARC. Deren Mitglieder sollen ins zivile Leben entsprechend ihrer eigenen Interessen eingegliedert werden.
Das Problems der illegalen Drogen muss gelöst werden In deren Anbau sind auch Bauern und einige indigene Kommunen verwickelt. Sie brauchen einen Ersatz für die bisherigen Erträge. Um ihn zu erhalten, wurde ein Kompromiss vereinbart. Er sieht vor, keine Drogen mehr anzubauen.
Der fünfte Punkt regelt umfassend den Umgang mit den Opfern des Konfliktes. Es geht um ihre Anerkennung, um das Herausfinden der Wahrheit, die Frage der Gerechtigkeit und die zukünftige Vermeidung von Verbrechen.
.Schließlich wird betont, dass die Umsetzung aller Vereinbarungen in den nächsten Jahren überprüft werden soll. Dabei stehen Frauen und ethnische Minderheiten besonders im Fokus.
Im September vergangenen Jahres wurden die Vereinbarungen in Havanna abgeschlossen. Im selben Monat kündigte die Regierung ein Referendum zur Abstimmung aller Bürger*innen über das beschlossene Abkommen an. Die Entscheidung fiel knapp aus: 49% stimmten für das Abkommen und 50% dagegen. Zum Glück war der Präsident in diesem Fall nicht an das Referendum gebunden. Er traf die Entscheidung für das Abkommen allein. Die Verhandlungen wurden für die Opposition so weit geöffnet, dass kleine Änderungen vorgenommen werden konnten.
Aktuell besteht die große Frage darin, wie das Abkommen zu realisieren ist.
Wie kann sich der Wandel vollziehen, ohne das Leben der Staatsbürger*innen zu sehr zu beeinflussen? Wie kann verhindert werden, dass sich Banden bilden? In einem politischen Vakuum besteht diese Gefahr.
In allen Bereichen gibt es Gruppen, die das Abkommen unterstützen. Eine von ihnen besteht aus Studierenden aller Universitäten des Landes, die sich in Begleitung eines Klosters als Freiwillige an die Camps der ehemaligen Guerrillakämpfer*innen wenden. Dort erfahren sie aus erster Instanz, was geschieht und unterrichten die ehemaligen FARC-Mitglieder in grundlegenden Fächern
Auf diese Weise klärt sich Schritt für Schritt ein Konflikt, der viele offene Wunden hinterlassen hat in den Herzen der Kolumbianer, in der Welt und in der Geschichte.
Dieses Friedensabkommen – so sagt der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos – ist besonders den Opfern gewidmet, jenen Personen, die vom Krieg, von den Kugeln und sogar vom Vergessen getroffen wurden. Sie sind es, die sich jeden Morgen wünschen, ihre Augen für einen neuen Aufbruch zu öffnen.